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Gedanken zum Sonntag „Quasimodogeniti“ (lat. „Wie die neugeborenen Kinder“) von Pfarrerin Petra Handke

Liebe Leserinnen und Leser!

An dieser Stelle grüße ich Sie auch an diesem 1. Sonntag nach Ostern nicht in einem „Präsenzgottesdienst“, sondern durch Gedanken zum Sonntag über unsere Homepage und die zum Mitnehmen in unserer geöffneten Jesus-Christus-Kirche ausgelegten Themenblätter.

Wie schmerzlich ist das: seit Wochen und Monaten keine persönlichen Begegnungen zum Gottesdienst, keine Veranstaltungen, Gruppen oder Kreise! … und natürlich ist nicht nur dort alles von „Corona-Schutzbestimmungen“ geprägt, sondern überall. In allen Bereichen, ob religiös, kulturell, pädagogisch, gesundheitlich, wirtschaftlich, familiär, privat oder öffentlich.

Das „C-Wort“ mag schon längst niemand mehr hören, und trotzdem ist die Bedrohung da.

Das Virus schert sich nicht um unsere Befindlichkeiten … und fordert täglich neue Infizierte, Erkrankte, Sterbende und auch Tote – vor Ort und weltweit. Unerträglich ist das.

Und wir reagieren darauf mit Betroffenheit, Sorge, Angst, Ärger, Wut und zunehmend auf der „Langstrecke“ aber auch mit Müdigkeit und Apathie.

Wir sind es leid, viele wollen und können auch nicht mehr – weil die Situation ihnen so vieles abfordert. Ein Gefühl von Lähmung und Stillstand macht sich in vielen Bereichen unseres Lebens und in unseren Köpfen breit und es fällt schwer, dem etwas entgegen zu setzen.

Mit diesen Gedanken im Kopf und in der Vorbereitung auf unseren Sonntag begegnete mir ein Textabschnitt aus dem Alten Testament, dem Buch des Propheten Jesaja, Kp. 40, 28-31.

Dieses Wort ließ mich aufmerken. Dort heißt es:

„Weißt du nicht? Hast du nicht gehört?

Der HERR, der ewige Gott, der die Enden der Erde geschaffen hat, wird nicht müde noch matt, sein Verstand ist unausforschlich.

Er gibt dem Müden Kraft und Stärke genug dem Unvermögenden.

Jünglinge werden müde und matt und Männer straucheln und fallen;

aber die auf den HERRN harren, kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler,

dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden.“

Diese Bibelverse sind schon alt, sehr alt. Sie stammen aus dem 6. Jahrhundert vor Christus und wenden sich an die Israeliten, die seit der Zerstörung Jerusalems im Exil in Babylon leben.

Krieg, Zerstörung, Gewalt, Tod und den Verlust der Heimat hatte das Volk erlebt. Alle Hoffnungen lagen in Trümmern und bedeuteten Zukunfts- und Perspektivlosigkeit für Generationen. Eine wahre „Langstrecke“. Kein Wunder, dass auch dort Müdigkeit und Apathie Raum greifen und auch das Gefühl, die Überzeugung, von Gott verlassen und in eine Sackgasse geraten zu sein, aus der es kein Entrinnen mehr gibt.

Doch gegen diese Entmutigung auf breiter Front setzt Jesaja seine Botschaft.

Er rüttelt auf und verweist auf Gott den Herrn, den Schöpfer der Welt, der - wenn auch unsichtbar - nicht müde wird das Leben und das Schicksal seiner Menschen aktiv und positiv zu begleiten. Gott ist nicht müde. Er hat Energie und ist bereit, sie mit seinen Geschöpfen zu teilen, wenn sie sich auf ihn einlassen und ihm vertrauen. Damit das Leben auch in einer Krise nicht in eine Sackgasse mündet, sondern sich wieder zum Guten öffnet.

Jesajas Worte machen mir Mut und motivieren mich, meinen Blick von mir selbst und meinen gegenwärtigen Belastungen abzuwenden hin zu Gott. Auch wenn ich müde bin, er ist wach. Auch wenn mir die Kraft ausgeht, er ist stark. Auch wenn mir der Antrieb für morgen fehlt, er hat Energie … und ist bereit, sie durch seinen Segen mit mir zu teilen. Damit Zukunft und Leben möglich werden.

Das galt in Israel im 6. Jh.v. Chr. im Exil, das gilt heute in Coronazeiten, das gilt morgen für die Herausforderungen, die das Leben immer wieder neu an uns stellt.

Wir Menschen haben zeitweise schwer zu tragen. Ja, das stimmt. Es gibt Ereignisse und Belastungen, die uns als Einzelnen und als Gemeinschaft vieles abverlangen und uns sämtliche Energie rauben.

Das ist für mich aber nicht der Schlusspunkt der Betrachtungen.

Ich vertraue Jesajas Worten. Es gibt auch Gott – und der hat viel zu geben: „neue Kraft, die auffahren lässt mit Flügeln wie Adler“, die laufen lässt und nicht matt werden lässt, die wandeln und nicht müde werden lässt.

Diese Zusage nehme ich mit.

In den heutigen Sonntag und in die damit neu beginnende Woche mit allem, was sie für uns alle bereit hält.

Und ich wünsche mir und Ihnen dazu Gottes gute Kraft und seinen Segen und die Flügel eines Adlers, die all unseren Bemühungen neuen Schwung verleihen.

Herzlichst,

Ihre

Petra Handke, Pfarrerin